Das Sammeln von Neo-Classikern


      Ein Artikel von Wolf D. Niederastroth 2012, dem 1. VSCD freigegeben
      und ergänzt von Amadeus Diefenbach Januar 2021
                
Der Autor Wolf D. Niederastroth hat einen wirklich perfekten Artikel zu dem Thema Replika-Revolver verfasst. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, außer dass ich für eine gute Lesbarkeit und Verbreitung innerhalb unseres Vorderlader-Schützenclubs ein paar Details ergänzt habe. Ich will mich hier wirklich nicht mit “fremden Federn” schmücken!!!!  Auch ein paar Gedanken zur Wertigkeit und wie sinnvoll das Sammeln von Teilen ist, von dem der Laie sagt: die sind ja gar nicht “echt” sind beigetragen.

1959 war der Aufbruch in eine neue Zeit.

Mit respektvoller Bewunderung bezeichnet man Aldo Uberti, den Waffenfabrikanten aus dem norditalienischen Gardone, als "König der Repliken", spielte er doch seit 1959 eine Schlüssel-rolle bei der Entstehung dieses neuen, sogenannten "Replika"-Marktes in der zweiten Hälfte der 1950er. Dies gilt auch heute, 22 Jahre nach seinem Tod am 21. März 1998. Kaum bekannt ist jedoch, dass es Uberti nur dank der Partnerschaft mit Vittorio Gregorelli gelang, sein Unternehmen zur heutigen globalen Bedeutung zu entwickeln. Noch weniger Insider wissen jedoch, dass zeitgleich 1959 zwei weitere Hersteller begannen, diesen neuen Markt mit Neufertigungen von Perkussionsrevolvern zu bedienen. Das waren neben Gregorelli & Uberti (G.U.) in Gardone, Italien, das belgische Unternehmen Fabriques d'Armes Unies de Liège (FAUL) in Lüttich und Witloe Precision Inc., Collinsdale, PA, USA.

Waffen für US-Schützen und Bürgerkriegs-Hobbyisten in den späten 1950 Jahren konzipiert!

Amerikanische Vorderladerrevolver der Periode 1835 bis 1873 werden seit der 2. Hälfte der 1950er wieder in großem Umfang industriell hergestellt. Seither ist ein stetig steigendes Inter-esse an diesen Waffen festzustellen. Bemerkenswerterweise nicht nur bei amerikanischen Schützen und Reenactors, für die sie ursprünglich gedacht waren, sondern auch und besonders bei Sammlern. Deutlich verstärkt wurde diese Entwicklung seit 1971 durch die Vermarktung von Colt-Perkussionsrevolvern der sogenannten  2. und 3. Generation, die auch anerkannte Colt-Sammler erwerben.

In (West-) Deutschland setzte diese Entwicklung aus den USA mit leichter Verzögerung erst ab den 1960ern ein. Auch bei uns deckten sich zunächst Schützen bzw. Mitglieder von  Western-clubs – Karl May und Spaghetti-Western lassen grüßen – mit den neuen, alten Revolvern ein, während sich Repliken als eigenständiges Sammelgebiet erst Anfang der 1970er etablier-ten. Seither bediente und bedient eine große Anzahl europäischer, aber auch einige wenige US-Hersteller den neuen Markt dieser sogenannten "Replika-Revolver". Heute im Jahr 2020 spricht man von diesen Revolvern ehrfurchtsvoll von Neo-Classikern! Es entstand zunächst in den USA, später auch in Europa, Australien oder Südafrika, ein völlig neues Sammelgebiet.

Definitionen.

In Deutschland erfolgte diese Entwicklung interessanterweise wegen fehlender Deliktrelevanz zunächst fast unbemerkt vom Waffengesetz. Laut deutschem Duden ist die Definition für "Replika" minderwertige Nachbildung. Wie oben angemerkt, gelten diese Waffen heute als  Neo-Classiker.                                                                                                                     

Den Originalen aus dem vorletzten Jahrhundert gleichen diese Repliken oder Clone, wie sie auch genannt werden, nach Spezifikationen und Konstruktion auf den ersten und manchmal auch den zweiten Blick. Die Hersteller produzieren sie mit subtilen wie auch deutlich sichtbaren Unterschieden, um nicht Fälschungen der Originale Vorschub zu leisten. Neben der Beschriftung und Modifikationen als Folge moderner Fertigungsmethoden finden sich typi-sche Unterschiede beim Drall, der Steigung der Schraubengewinde, der Art der Oberflächenvergütung, oder auch bei den eingesetzten Materialien wie rostträgem Stahl anstelle von Kohlenstoffstahl oder ähnlichem. Teile dieser neugefertigten Waffen sind selten mit denen der Originale austauschbar. Dann gibt es die "Repliken", die keine sind, da kein historisches Vorbild existiert. Als Beispiel sei Ruger's beliebter Old Model Army genannt, von dem diverse Varianten hergestellt wurden: Er erinnert mit seinem massiven Rahmen zwar an einen Remington New Model 1863 Army, ist aber als moderner Scheibenrevolver mit Schrauben- anstelle von Blattfedern und verstellbarer Visierung angelegt. Oder die Nachbauten des Colt 1851 Navy, original nur im Kaliber .36, inzwischen auch hergestellt im Kaliber .44. Auch Colt oder Remington Army Revolver mit Messingrahmen gehören zu dieser Gruppe, denn die wurden im 19. Jahrhundert ausschließlich aus Stahl hergestellt. Über eine Reihe von Schritten, deren Beschreibung den Umfang dieser Übersicht sprengt, führte dies zur modernen Fertigung von Perkussionsrevolverrepliken. Es entstand eine neue Industrie.
                                                                                                                                                           
Wie bewertet man die Sammelwürdigkeit?

Bei den Repliken erklärt sich die Sammelwürdigkeit zunächst durch das Interesse an den Objekten der Begierde mit ihrem bunten kulturhistorischen, durch Reiseberichte, Romane und Filme verbrämten Kontext, Stichworte  # Die Republik Texas & der Krieg gegen Mexiko # US-Bürgerkrieg # Erschließung des amerikanischen Westens # Indianerkriege # Outlaws & Ge-setzeshüter # Die mexikanische Revolution im 20. Jahrhundert sowie ihrer begrenzten Verfügbarkeit.

Denn der Wert dieser Repliken steigt entsprechend der wachsenden Anzahl der Sammler. Hier wiederholt sich einmal mehr ein langjährigen Waffensammlern bekanntes Phänomen: nach Ende des 2. Weltkrieges konnte man in den USA die berühmten Luger-Pistolen der Wehrmacht um die $ 10,00/Stück erwerben. Aber nach 1959, der Veröffentlichung der Luger-Bibel LUGER VARIATIONS von Harry E. Jones, stürzten sich "über Nacht" Waffensammler auf beiden Seiten des Atlantiks auf diese deutschen Pistolen. Dieses überschäumende Interesse, besser der eskalierende Marktpreis, treibt Luger-Sammlern mit kleinerem Budget heute Tränen in die Augen. Eine vergleichbare Entwicklung erlebten wir während der letzten Jahrzehnte bei der Colt Government M1911/1911A1 samt Varianten und Clonen, der deutschen P38 oder der belgischen FN, HP M1935, von der Mauser C96, ihren spanischen Halbschwestern und inzwischen den chinesischen Nachbauten ganz zu schweigen.

Neugefertigte Perkussionsrevolver als Sammlerwaffen.

Für das wachsende Interesse an Perkussionsrevolver-Repliken als Sammlerwaffen gibt es gute Gründe.                                                                              
1. Die große Anzahl der Hersteller, die unterschiedliche Modelle dieser Revolver produzierten. Dabei sind eine Reihe kleinerer aber auch großer und bekannter Hersteller bereits vom Markt verschwunden, wie Armi san Marco aus Italien oder Fabriques d’Armes Unies de Liège aus Belgien.

Bekanntere Hersteller dreier häufig anzutreffenden Neufertigungen von Perkussionsrevolvern:

Colt 1851 Navy: Armi san Marco/Italien, Armi san Paolo/Italien, Colt Blackpowder
Arms/USA, Colt’s Manufacturing Co./USA, Euroarms/Italien, Gregorelli & Uberti/Italien,
High Standard/USA, Investarms/Italien, F. lli Pietta/Italien, A. Uberti & Co./Italien,
United States Patent Fire Arms (heute USFA)/USA

Colt 1860 Army: Armi san Marco/Italien, Armi san Paolo/Italien, Colt Blackpowder
Arms/USA, Colt’s Manufacturing Co./USA, Euroarms/USA, Fabriques d’Armes Unies
de Liège/Belgien, Firearms Specialities/USA, Palmetto/Italien, F. lli Pietta/Italien,
Rigarmi/Italien, A. Uberti & Co./Italien, United States Patent Fire Arms (heute USFA)/USA

                                                                                                                                             
Remington New Model 1863 Army (üblicherweise als 1858 Army bezeichnet): Armi san
Marco/Italien, Armi san Paolo/Italien, E.N. Santa Barbara/Spanien, Euroarms/Italien,
Gregorelli & Uberti/Italien, A. Uberti & Co./Italien, Witloe Precision, Inc./USA
                                                                                                                                              
2. Die unübersichtliche Gruppe der Importeure und Händler, die z. B. in Deutschland die Perkussionsrevolver mit ihren Zeichen versahen, wie O. Hanke in Köln, Bärbel Harlos in Schwäbisch Hall, HEGE in Schwäbisch Hall und Überlingen, Jacobi in Iserlohn, Stanglmeier in München, WIKE in Kressbronn, etc. Auch für die Händler gilt, wie für die Hersteller: eine Reihe dieser Firmen existiert nicht mehr. Somit stellen entsprechend gekennzeichnete Waffen eigene Varianten dar, die zu erkunden sind.

3. "Frühe" Perkussionsrevolver aus der Anfangszeit der Replika-Industrie, den späten 1950ern bis frühen 1970ern, wurden in der Regel intensiv im Sport bzw. Reenactment genutzt, aber ebenso häufig schlecht gepflegt. Dadurch schrumpfte die Anzahl gut erhaltener Stücke kontinuierlich. Neuwertige Waffen aus dieser Zeit, noch dazu mit der originalen Verpackung, sind deshalb heute selten. Gleichzeitig trägt die zunehmende Verbreiterung der Sammlerbasis durch neue Generationen von Sammlern für diese Waffen ihren Teil zur weiteren Verknappung bei. Typische Beispiele für diese nicht nur in Deutschland zu beobachtende Entwicklung sind die Lizenzfertigungen des Colt 1860 Army als belgische Centaure oder die Repliken des Remington New Model 1863 Army aus spanischer E.N. Santa Barbara-Produktion.

Die Preisentwicklung: 1961 konnte der interessierte Käufer einer Colt 1860 Army Neuferti-
gung seinen belgischen Centaure bei Centennial Arms in Lincolnwood, IL, USA für $ 89,95 kaufen, 10 Jahre später musste er in Deutschland bei Bärbel Harlos in Schwäbisch Hall DM 337,50 auf die Ladentheke blättern. Heute ist der gleiche Revolver in neuwertigem Zustand kaum unter € 400,00 bei Egun zu ersteigern.

4. Deshalb wird es auch unter finanziellen Aspekten interessant, eine Sammlung dieser Revolver aufzubauen. Denn gerade in Deutschland sind die Preise gebrauchter Vorderladerrevolver noch recht günstig, während der Marktpreis für vergleichbare Stücke in Frankreich bereits doppelt so hoch und in den USA der Markt sogar inzwischen nahezu leergefegt ist. Gleichzeitig aber Käufer von Repliken aus aktueller Fertigung mehrmonatige Lieferfristen be-klagen. Andererseits sind die Originale auch in schlechter Qualität in allen Ländern für Otto Normalverbraucher kaum mehr erschwinglich.

5. Aus deutscher Sicht können sammlerisch ambitionierte Schützen dank gelber WBK Perkussionsrevolver zwar relativ unkompliziert, wegen der Erwerbsstreckung (Beamtendeutsch für Ansammlung gleicher Stücke!) aber weitere Exemplare nicht flexibel erwerben. Somit ist der Grundstock einer waffengeschichtlich wie waffentechnisch sehr interessanten, da komplexen Sammlung auf diesem Weg nur mühsam zu realisieren.

6. Wenn ein junger Mensch sich erstmals für die “Waffen des Wilden Westens” interessiert, angeregt durch Literatur - obwohl heute kaum noch ein Jugendlicher liest  (geschweige denn Karl May oder Lederstrumpf) oder durch die oft im TV wiederholten Western-Filme und natürlich über die Youtube-Sequenzen von dem, was mit Pistölchen heute machbar ist, dann steht sicher nicht im Vordergrund: egal, was es kostet, so eine Waffe möchte ich auch einmal haben.
                                                     
Über die Schützenvereine besteht die Möglichkeit auch mit Vorderlader-Waffen einmal zu pro-bieren und wenn dann das Strohfeuer nicht sofort wieder erlischt und auch die modernen Pistolen die Zielfreudigkeit enorm vergrößern, gibt es eventuell Nachwuchs bei den Schützen. Deshalb schreibe ich diese Anmerkungen. Die ersten gebrauchten Stücke ehemaliger Schützen-Kollegen werden ja meistens sogar verschenkt, damit die Waffe “in gute Hände” kommt, was immer das in diesem Zusammenhang auch bedeuten mag. Dann, nach dem Probejahr im Verein, wird der Antrag auf ein Bedürfnis zur Ausübung einer schießsportlichen Tätigkeit (wie schön man mit der Sprache das verklausulieren kann!) gestellt, RSB oder BDS geben ihr ok. Und die Polizeibehörde stellt die (gelbe?) WBK aus und ist nicht erfreut über den Neuzugang eines “Waffen-Narren”! So oder ähnlich haben bei uns im 1.Vorderlader-Schützen-Club Düsseldorf e.V. fast alle einmal angefangen. Etwa ein Duzend dieser Personen üben ihr Hobby auch nach mehr als vierzig Jahren noch aus. Viele sind verstorben und wer weiß, was mit all diesen Waffen Ehemaliger nun geschehen ist?

Ein Wort noch zu den derzeitigen Preisen. Ein Händler in Mainz sagte mir am Telefon: Egal, was es ist, für einen normalen Replika-Revolver zahle ich derzeit nicht mehr als 75 €. Egal, was er mal gekostet hatte, was mit ihm geschehen ist, immer hübsch in dem Kästchen in der Vitrine oder zig-Tausend Übungs-Schüsse, aufgebesserte Brünierung oder sogar feinste Gravuren = alles 75 € !!  Ja selbst bei antiken Originalen, die sich so ab ca. 1.500,- € an aufwärts bewegen, ist der Preis heute verhandelbar und was eben noch für eine Auktion teuer angepriesen wurde, geht für ein Drittel des Angebotes in die berühmten guten Hände.

Zu Beginn meiner Sammlung erhielt ich von einem US Diplomaten aus den USA einen völlig desolaten Colt Navy 1851 mitgebracht. Trommel, Lauf und Rahmen hatten unterschiedliche Nummern! Der Holzgriff war angekokelt. Ich war schon fast geneigt, das Stück zu entsorgen. Heute weiß ich, dass es sich um einen sogenannten “Schlachtfeldfund” handelt. Man hat also diverse gefundene Teile zusammengesetzt und sie als “Anschauungsstück” verteilt. Heutiger Wert ca. 600,- € (Siehe alte aus den Trümmern geborgene Weltkriegsmodelle!).

Zum Schluss dieser Bemerkungen will ich noch erwähnen, dass das Sammeln nur ein Teil des Hobby`s ist. Das Reinigen nach Gebrauch, das Erproben besserer Zielgenauigkeit, die ständige Übung im Verein und die Unterbringung in Vitrinen oder Schaukästen und darüber hinaus die Nachforschung der Historie machen dieses “Fachgebiet” zu einem immer wieder  attraktiven Beschäftigungsfeld!
              
Ach übrigens: Aufbewahrung im Panzerschrank! Replika-Revolver, denen man die Pistons aus der Trommel gedreht hat und die dann ja nicht mehr sofort schußfähig sind (!) sollte man in der Schauvitrine mit Glasabdeckung an der Wand dulden. Ich würde sie bei einem Kontroll- Besuchstermin durch die Behörde trotzdem vorher “noch sicherer” verwahren. Aber wenn ich zu Hause bin erfreue ich mich an dem Anblick hinter Glas!

Wege zum Sammeln von Repliken, also Neo-Classikern.

Allerdings sehen wir uns in Deutschland im Vergleich zu unseren EU-Partnern in Frankreich oder Österreich, aber auch den Sammlern in den USA einmal mehr bei der Ausübung unseres Hobbys benachteiligt. Denn in diesen Ländern ist der Erwerb von Perkussionsrevolvern ohne oder mit nur unbedeutenden waffenrechtlichen Auflagen möglich. Heute ist kaum mehr nachzuvollziehen, warum Perkussionsrevolver, Originale wie Repliken, überhaupt WBK-pflichtig sind.  Viele ältere Schützen erinnern sich jedoch, dass sie in den 1960er und frühen 1970er Jahren ihre Perkussionsrevolver "frei", das heisst ohne WBK, erwerben konnten. Der waffenrechtliche Laie sollte wissen, dass bei uns erst 1976 (!), trotz fehlender Delikt-Relevanz, Perkussionsrevolver WBK-pflichtig wurden. Die Geschichte wird aber für deutsche Sammler vollends verkompliziert, da durch eine wenig nachvollziehbare Logik in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift vom 5.03.2012 der sammlerische Wert und damit die Einschränkung des Sammelns von Repliken im Hinblick auf die WBK für Sammler festgeschrieben ist:                     
                                                                                                                                             
17.5 Eine WBK für Waffensammler soll auf den Erwerb von Originalwaffen beschränkt werden. Nachbauten, so genannte Repliken, die sich in ihren Konstruktionsmerkmalen von den Originalen nicht unterscheiden, können im Einzelfall von der Waffenbehörde als sinnvolle Ergänzung einer vorhandenen kulturhistorisch bedeutsamen Sammlung anerkannt werden, insbesondere, wenn Originale nur unter erheblichen Schwierigkeiten erhältlich sind.
                                                            
Diese Abwertung von Repliken durch den Gesetzgeber bereits in den 1970ern ist aus heutiger Sicht nach den Ausführungen oben nicht mehr gerechtfertigt! Folgende, vordergründig sachlichen aber auch "emotionalen" Argumente und Schutzbehauptungen mögen damals bei der Verrationalisierung des WaffVwV-Textes eine Rolle gespielt haben:

• als "sammelwürdig" im Sinne des Gesetzes setzte sich während der 1970er Jahre eine Altersgrenze von ca. 30 Jahren durch, "bis Ende des 2. Weltkriegs". Repliken wurden schlichtweg als "Neuwaffen" betrachtet.

• der ausgrenzende Anspruch einiger Colt-Sammlervereinigungen, die ohne Not die Furcht schürten, dass (Colt-) Repliken Tür und Tor für das Fälschen von Originalen öffnen,
                                                                           
• der Hinweis, dass italienische oder spanische Fertigungsqualität "minderwertig" und
damit sammelunwürdig sei, Stichwort "Replika-Misere" - der deutsche Michel mit Ingenieurstudium lässt grüßen,

• die Befürchtung, dass Vorderladerrevolver wegen der RAF-Ängste als Terroristenwaffen eingesetzt werden könnten.

Aber wie immer man diese Verwaltungsvorschrift auch betrachtet und soweit noch recher-chierbar, wurde diese Passage unreflektiert bis heute aus früheren Vorschriften übernommen.
Was damals, in den 1970ern, vollkommen normal und logisch klang, erscheint uns deshalb heute als Absurdität, da bekanntermaßen sachlich nicht haltbar. Gefordert ist jetzt vom Gesetzgeber die zeitgemäße Korrektur der VwV, im Vorfeld verbunden mit Überzeugungs-arbeit bei unseren Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern, die in der täglichen Arbeit mit dem WaffG und uns Sammlern stehen. Denn Tatsache ist auch, und das ist neu, dass das Sammeln von Repliken, besonders unter der Überschrift "technische/wissenschaftliche" Sammlung, nicht nur unter den in der aktuellen Verwaltungsvorschrift des Waffengesetzes genannten finanziellen Gesichtspunkten allen Selektionsmerkmalen der WaffVwV mehr als gerecht wird.
                                                          
Beispielhaft: Wenn sich ein neues Sammelgebiet entwickelt, beginnt es mit einigen wenigen Vorreitern,  die sich der Erforschung des Komplexes widmen. Hier muss unbedingt Dr. Jim Davis, Claremore, OK 74018, USA, genannt werden. Dr. Davis hat sich seit beinahe 20 Jahren dem Thema verschrieben, bisher über 900 dieser Replika-Perkussionsrevolver (sic) zusammengetragen und dokumentiert. Er gründete die RPRCA Replica Percussion Revolver Collectors Association, (rprca.tripod.com), die die weitere Erforschung der Geschichte neu gefertigter Perkussionsrevolver bewirbt. Es sind enthusiastische Sammler wie Jim Davis, die an Waffen zusammentragen, was hergestellt wurde oder wird, und die Stücke zu einer Sammlung organisieren. Wie bis1959 bei den Luger-Pistolen, gibt es heute zu Vorderladerrevolverrepliken neben den Realstücken nur wenige belastbare Fakten in Form von Literatur oder Internet-Seiten, wohl aber einige spannende Familiengeschichten schillernder wie charismatischer Hersteller, von Importeuren und Händlern der Replika-Szene, die in wenigen Jahren die Voraussetzungen für ein inspirierendes neues Sammelgebiet schufen. Viele der frühen Hersteller existieren nicht mehr, nur wenige Vertreter der ersten Generation der Replika-Industrie leben heute noch und stehen als Zeitzeugen zur Verfügung. Dito sind wichtige Firmendokumente verloren gegangen oder wurden vernichtet. Bei den Importeuren und Händlern, die die Waffen nicht nur mit ihren Zeichen versahen, sondern auch den Herstellern immer wieder Impulse für neu zu fertigende Modelle gaben, also der Anlaufstelle von uns Sammlern, sieht es nicht besser aus.

Aber genau das stellt heute für engagierte Sammler ein Riesengebiet für neue Entdeckungen dar, die Möglichkeit, "Grundlagenforschung" jenseits ausgetretener Pfade zu betreiben. Sobald aber umfangreichere Informationen vorliegen, z. B. welche Modelle und Varianten hergestellt wurden, wenn sich mögliche Strukturen zur Organisation von Sammlungen herauskristallisieren und einer breiteren Sammlergemeinde zugänglich sind, wächst nicht nur das Interesse an Repliken dramatisch, sondern auch ihre Bedeutung, ihr Wert für Sammler.

Dieser Gedanke ist analog anzuwenden auf # moderne Perkussionsrevolver ohne histori-sches Vorbild, wie weiter oben ausgeführt, aber ganz besonders auf # Neufertigungen von Patronenlang- und Kurzwaffen des Wilden Westens mit und ohne historischem Vorbild, wie Armi san Marco Conversions des Colt Army & Navy Richards, Pietta’s Great Western oder Sauer’s/Eckerförde’s SA, Uberti’s Henry, Pedersoli’s Sharps M1874, Chiappa’s Winchester M1887 Schrotflinte, Uberti’s Remington M 1890, Miroku’s Winchester M 1886 oder 1892 oder auch Norinco’s Winchester 1897, um nur einige zu nennen!

Was sammelwürdig ist, liegt beim Sammler, bitte nicht beim Gesetzgeber und sicher nicht bei elitären Sammlervereinigungen. Deshalb drei abschließende Gedanken:

# Frei nach der 1888 erschienenen Gedichtsammlung von Edwin Bormann "Ein jedes Tierchen hat sein Plaisierchen" sollte jeder die Waffen sammeln (dürfen), die ihm gefallen.

# Wir sollten uns durch vorauseilenden Gehorsam keine Verordnungen aufzwingen lassen, solange wir uns als Sammler WBK-pflichtiger Repliken im Rahmen einschlägiger Vorschriften bewegen.

# Waffensammeln ist ein Hobby, bei dem die Qualität der gesammelten Stücke kein entschei-dendes Kriterium ist.                                                                                      
                                                       


Referenzangaben

1) Replica Percussion Revolver Collector's Association (RPRCA) http://rprca.tripod.com/

2) Wilson, R.L.: The Book of Colt Firearms, 3rd Ed., 2008

3) Wilson, R.L.: Winchester – An American Legend, 1991

4) Russell, D.: Percussion Colt Revolvers – The Second Generation, Collector's Handbook &     Price Guide #6, 2011

5) Gloystein, M.: www.santa-barbara-1858.org

6) Frugé, J. und Niederastroth, W.D.: www.1970nma.org

7) Niederastroth, W.D. und Mayer, M.: Centaure oder auch Centennial Army – Mythen, Fakten     und Fiktionen, 2015

 

 

 

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Neo-Klassiker (Replika-Waffen)
Sammeln von Waffenrepliken (Neo-Klassikern)
Autor: Wolf D. Niederastroth, ergänzt durch Amadeus Diefenbach
Neo Classiker für VSCD.pdf
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